Die Welt als Sein und Schein
oder
Das unendlich Schnelle und das unendlich Ferne

 

Photonen, Antiteilchen, die Zwillinge und das All

 

Kurzfassung
der zwei ersten Teile einer (noch) nicht veröffentlichten Arbeit „Naturphilosophie“

 

Peter Wolff


 

1. Die Relativitätstheorie als Scheingeschwindigkeitstheorie

 

Ausgehend von klassisch, apriorischen Überlegungen leiten wir ein grundsätzliches Wahrnehmungs- und Messproblem beim Auftreten unendlich schneller Entitäten ab:

 

·      Echt unendlich schnelle, endliche Objekte kann es klassisch nicht geben; sie könnten gar nicht wahrgenommen werden.

·      Licht zeigt empirisch nicht nur Welleneigenschaften, sondern auch Teilcheneigenschaften, wie schon der Michelson-Morley-Versuch zeigt (Walter Ritz).

·      Teilchengeschwindigkeiten sind quellenabhängig, Wellengeschwindigkeiten nicht.

·      Die Lichtgeschwindigkeit muss relativ zu Quelle bzw. Äther unendlich groß sein, damit die empirischen Fakten klassisch, apriorisch betrachtet nicht zu Widersprüchen führen.

·      Daraus ergibt sich: Licht kann sich aus Energiegründen nur diskontinuierlich (in Photonen-Spuren, z.B. angeregten Atomen) bemerkbar machen.

·      Sehr schnelle Objekte kann man darum nicht vermessen, sondern nur ihre Spuren.

·      Empirisch gesichert ist andererseits die (Konstanz und) endliche Größe der (Zweiweg-)Lichtgeschwindigkeit. Die „Spurbildung“ muss also in diesem Sinne zu einer Abbildung von ¥ auf eine endliche Größe führen.

·      Wir schließen auf den Fundamentalsatz der Scheingeschwindigkeitstheorie: Geschwindigkeiten werden bei der Spur(ab)bildung entsprechend der Beziehung vSchein = g · vSein mit g = Ö(1-v²/c²) verlangsamt. Die genaue Form von g ist bis hierher zwar noch nicht klar, aber g · ¥ muss endlich sein.

·      Aus vSchein = dxSein /dtSchein = dxSchein /dtSein  =  g · vSein = g · dxSein /dtSein folgen sofort Längenkontraktion und Zeitdilatation, der harte, physikalische Kern der speziellen Relativitätstheorie, der bekanntesten und erfolgreichsten Scheingeschwindigkeitstheorie, bei baugleichen, nicht skalierbaren, nur nullbaren Maßstäben und Uhren. Die genaue Form von g folgt jetzt z.B. aus dem Michelson-Morley-Experiment. Es muss ja im Wellen- und Teilchenbild erklärbar sein.

·      Aus der willkürlichen, aber intuitiven Einsteinschen Uhrensynchronisation folgt die Konstanz von c schlechthin. Lichtwege werden ein mögliches Zeitmaß.
Die Willkürlichkeit wurde erstmals von Reichenbach klar erkannt in: „Philosophie der Raum-Zeit-Lehre“ ( W. de Gruyter, Berlin und Leipzig 1928) im § 19 „Die Gleichzeitigkeit“.

·      Die Relativität der Gleichzeitigkeit (von Spurereignissen) ist Definitionssache. Sie hängt nämlich auch an der Einsteinschen Uhrensynchronisation. Mit der absoluten Synchronisation von Mansouri und Sexl (1977) gibt es keine Relativität der Gleichzeitigkeit; allerdings muss dann das Relativitätsprinzip aufgegeben werden. Dazu lese man z.B. den Abschnitt 2.11 auf Seite 43 „Die Synchronisation von Uhren“ in „Relativität, Gruppen, Teilchen“ von Sexl und Urbantke aus dem Springer Verlag (3. Auflage, 1992).

·      Bei Einsteinscher und nur bei Einsteinscher Uhrensynchronisation gilt nun das Galileische Relativitätsprinzip. Ab hier kann man die Standardherleitungen für den Formalismus der speziellen Relativitätstheorie benützen.

Einen Ansatz einer anderen Scheingeschwindigkeitstheorie mit inertialen bzw. Selleritransformationen statt Lorentztransformationen und absoluter Uhrensynchronisation findet man in den Beiträgen von Selleri in „Die Einstein’sche und Lorentzianische Interpretation der speziellen und allgemeinen Relativitätstheorie“, erschienen im Verlag relativistischer Interpretationen- VRI in Karlsbad 1998.

·      Der Weg zu den Lorentztransformationen über die anschauliche Lichtweguhr: Aus der „Galileitransformation“ für den Lichtweg folgt die Lorentzsche Ortszeit. Aus den Galileitransformationen erhält man so, indem man die Zeittransformation durch die Lichtwegtransformation ersetzt, die Voigttransformationen (Lorentztransformationen mit g = 1).

·      Wendet man den Fundamentalsatz nun auf die Voigttransformationen an, ergeben sich sofort die Lorentztransformationen, wenn man in der üblichen Schreibweise die Koordinatenwerte auf der linken Seite der Gleichungen als Eigenmesswerte auffasst.

·      Die Relativitätstheorie ist damit als spezielle Form einer Scheingeschwindigkeitstheorie mit neuer, apriorischer Interpretation plausibel gemacht.

·      Relativistische Massenzunahmen gibt es nicht, physikalisch wirksam ist nur vSein , die Vierergeschwindigkeit, die unendlich groß werden kann. Dies ist ein wunderbarer Beleg für die Sinnhaftigkeit unserer Einteilung in Sein und Schein: Zwar gibt es prinzipiell keine Möglichkeit einer Eigenmessung einer Geschwindigkeit, aber in manchen physikalischen Auswirkungen, insbesondere beim Impuls, tritt die „wahre“ Geschwindigkeit ganz direkt in Erscheinung. Komplizierter ist die Situation bei der Energie; die Welt ist halt Sein und Schein.

·      Das Zwillingsparadoxon in seiner schwachen Form ist banal, weil z.B. ein Myon mit vSein fliegt. Nur die Flugzeitmessung anhand der Spuren (z.B. Szintillationen) ist gedehnt.

·      Der Minkowskiraum, das Juwel der RT und ART, ist kein physikalischer Raum, da er auf der Einsteinschen Uhrensynchronisation beruht. Er ist das beste, bekannte Werkzeug zur Beschreibung der Scheinwelt, der Spurenwelt. Die Freiheit in der Uhrensynchronisation macht diese mathematisch so elegante Beschreibung möglich. Mehr philosophisch: Der Minkowskiraum beschreibt nicht eine Physik der Raumzeit, sondern die Physik, die Dynamik der Spuren, die Physik der Scheinwelt.

·      In Eigenmessungen behalten Zeit und Raum ihre klassische Bedeutung, da Eigenlänge und Eigendauer je für sich relativistische Invariante sind, was auch formal eine sinnvolle Einteilung der Erscheinungen in Sein und Schein ermöglicht.

·      Das (fast klassische) Ding an sich wird durch die Eigenmesswerte und daraus abgeleitete Größen beschrieben (in etwa kovariante Größen).

·      Die Ereignisabfolge in Seinwelt und Scheinwelt muss nicht gleich sein.

·      Die Kausalität bleibt gewährleistet, weil die Zeitumkehr einem nachträglichen Zurückspulen eines bereits gedrehten Films entspricht.

·      Antiteilchen sind eine notwendige Folge der Weltteilung in Sein und Schein bei Überlichtgeschwindigkeiten, wenn die Spurbildung nicht mehr „nachkommt“.

·      Das passt bestens zur relativistischen Quantenmechanik: Dort kann man die Antiteilchen als Teilchen negativer Energie, die in der Zeit rückwärts laufen, betrachten, wie man seit 1941, seit Stückelberger weiß. Schon klassisch kennt man retardierte und avancierte Wellenlösungen.

·      Echte Überlichtgeschwindigkeiten sind (mit Paarerzeugung) daher möglich.

·      Die Bedingung für eine Paarerzeugung kennt man aus der relativistischen Quantentheorie: Der Energiepreis beträgt 2mc²; dies ist das relativistische Analogon zu einer klassischen Überschall- bzw. Überlichtgeschwindigkeit, interpretatorisch auch ein interessanter, neuer Zugang zu mc².

·      Damit fällt das starke Zwillingsparadoxon.

·      Mit Flugzeugen, wie Hafele und Keating meinten, ist da nichts zu beweisen, die bringen die nötige Beschleunigungsenergie von 2mc² für Überlichtgeschwindigkeiten nie und nimmer auf.

 

·      Das Experimentum Crucis unserer neuen Weltsicht ist der Überlichtgeschwindigkeitsversuch von Nimtz, nachdem Nimtz theoretisch gezeigt hat, dass man es im „Tunnel“ tatsächlich mit einem „Antiwellenpaket“ zu tun hat.

Literatur: Annalen der Physik, Band 7 Heft 7-8 / 1998 widmet sich ganz der Thematik gemessener Überlichtgeschwindigkeiten(?) und ihrer Interpretation. Ich beziehe mich hier auf den Artikel von Nimtz (Seite 618-624), insbesondere auf die Abschnitte 4.1 und 4.2.

 

Das ist die spezielle Relativitätstheorie auf neuem, apriorischem, Kantischem Grund.

 

Nachtrag: Reisen in die eigene Vergangenheit, wie sie manche ART-Kosmologien erlauben, sind aus dieser Sicht nur noch Reisen zu seinen eigenen, alten Spuren.

 


 


2. Kosmologie ohne Urknall

 

Wenn Licht, als Ding an sich, unendlich schnell ist, wird es uns auch das unendlich Ferne in die Nähe bringen. Eine neue Welttheorie drängt sich auf:

 

·      Echt unendlich ferne, endliche Objekte können klassisch nicht wahrgenommen werden.

·      Wir schließen auf den 1. Fundamentalsatz der Kosmologie:
Distanzen werden entsprechend der Beziehung D
Schein = r · DSein verkürzt,
wobei
r ~ 1 - D/R  und R der scheinbare Weltradius ist. Die genaue Form von r ist nicht bekannt, weil es dafür auf kosmischen Maßstäben kein voll ausgearbeitetes Analogon zur Maxwelltheorie gibt.

·      Damit lassen sich „Welttransformationen“ einführen.

·      Mit T, dem scheinbaren Weltalter, setzt man zudem c = R/T.

·      Es folgt mit H=1/T, der Hubblekonstante, in erster Näherung das Hubblegesetz.

 

Dies ist eine qualitative Begründung für die kosmische Rotverschiebung ganz ohne Urknalltheorie; es ist eine Folge des real existierenden, unendlich Fernen. Man erkennt auch gleich einen wichtigen Grund, warum der aristotelisch/ptolemäische Gedanke eines Urknalls (Expansion statt Rotation der Himmelssphären) mit hoher Dichte in Urzeiten nicht auf den ersten Blick unsinnig ist: Wenn man nicht erkennt, dass das scheinbare Weltalter einem echt unendlichen Alter entspricht, erhält man mit Annäherung an den Radius des Kosmos, den Ereignishorizont, bzw. an seine Geburtsstunde natürlich eine ohne Grenze wachsende, scheinbare Dichte des Alls.

 

Auf kosmischen Distanzen muss man aber unbedingt die Gravitation beachten. Eine solche Gravitationstheorie sollte es dann möglich machen r genauer zu bestimmen:

 

·      Die ART fußt zentral auf der Newtonschen Gravitationstheorie. Beide Theorien sind auf großen Distanzen in Zweifel zu ziehen.

·      Auf großen Distanzen ist das Keplersche Trägheitsgesetz die wohl beste Wahl:

“Der Planetenkörper ist von Natur aus zur Ruhe geneigt an jedem Ort, an dem er für sich allein angenommen wird.“

Im einfachsten, denkbaren Fall ergibt sich eine konstante, kosmische Bremskraft K
0 , die der Geschwindigkeit entgegengerichtet ist (erste Formulierung des 2. Fundamentalsatzes der Kosmologie).
Eine weitere, kosmische Bremskraft, die bei höchsten Geschwindigkeiten durch die blauverschobene Hintergrundstrahlung zu erwarten ist und die mit v zunimmt, wollen wir hier nicht betrachten.

·      Dies verlangt die Einführung eines globalen Absolutsystems, das durch die Hintergrundstrahlung gegeben ist; formal entspricht dies einem globalen Äther.

·      Dies lässt sich durch ein dazu passendes globales, abstandproportionales Gravitationspotential plausibel machen: V = K0 · r, wobei als Ursprung jeder Punkt des Alls dienen kann (2. Fundamentalsatz der Kosmologie). Die gleiche Form von V legt auch das kosmologische Prinzip nahe.

·      Damit erhält man die Rotverschiebung z = (K0 /c²) · r. Das ist mit K0 = H · c gerade das Hubblegesetz.

·      Einige weitere mehr qualitative Betrachtungen stellen dann einen Zusammenhang von H mit der mittleren Massendichte r0 des Alls her: H = Ö(C · r0 ), wobei C = 4pG/3 und G die Gravitationskonstante ist.

 

Man sieht, das sind so etwa die wichtigsten kosmologischen Beziehungen, die in ähnlicher Form auch die Urknalltheorien liefern. Die vorgestellte, noch rudimentäre, kosmische Gravitationstheorie, die noch relativistisch zu verallgemeinern ist, nimmt in der Kosmologie etwa den Platz ein, den die Maxwelltheorie in der Ausarbeitung einer Scheingeschwindigkeitstheorie einnimmt.  Bezüglich der noch nötigen Verallgemeinerung vergesse man nicht, dass in den üblichen Expansionstheorien, die Friedmanngleichung völlig exakt auch rein Newtonisch erhalten werden kann.

 

Wir müssen nun noch zeigen oder wenigstens plausibel machen, dass man auch in einem solchen, stationären Kosmos die Hintergrundstrahlung, das bisher stärkste Argument für eine Urknalltheorie, qualitativ erklären kann.

 

·      Bei den Urknalltheorien ist die Hintergrundstrahlung Wärmestrahlung von etwa 4000°, die um etwa einen Faktor 1000 rotverschoben ist. Dies ergibt sich aus der Ausdehnung des Alls seit der Entkoppelung der Photonen von der Materie.

·      Bei uns handelt es sich um Wärmestrahlung von etwa 5000°, die aber mit dem alten Olbers-Chésaux’schen Paradoxon erklärt wird. An Stelle von Sternen benützen wir aber Galaxien. Aus der geschätzten, größten, wahren Entfernung, aus der uns noch Licht erreichen kann, bevor sich die Galaxien zu überdecken beginnen, erhalten wir ebenfalls eine Rotverschiebung von etwa einem Faktor 1000.
Diese Betrachtung hat ab initio keine Probleme mit dem Kausalitätsverknüpfungsproblem der im thermischen Gleichgewicht stehenden Ursuppe, wie sie die Urknalltheorien annehmen müssen. Das daraus abgeleitete inflationäre Szenario zu Urzeiten konnte die inflationäre Zunahme der Urknallprobleme ja ohnehin nur kaschieren.

 

Damit muss noch ein Ort im All gesucht werden, wo in einem stationären Kosmos die zusammengebackenen, schweren Elemente zum Zwecke eines Kreislaufes wieder verdampft werden können; einen pulsierenden Kosmos, der das locker leisten würde, lehnen wir ja ab. Es gibt aber zuhauf supermassive Galaxienkerne, die dafür in Frage kommen könnten, wenn sie nicht doch schwarze Löcher sein sollten. Dies ist aber sehr unwahrscheinlich, weil bei kleinsten Distanzen das Newtonsche Gesetz wohl genau so wenig gilt, wie bei kosmischen Distanzen. Auch ist es ganz generell vermessen, die bekannten physikalischen Gesetze – ohne gute Gründe – einfach bis zu kleinsten Distanzen zu extrapolieren.

 


 


3. Die Nichtlokalität der Quantentheorie

 

Dazu vorläufig nur so viel (der dritte Teil der „Naturphilosophie“ ist noch nicht abgeschlossen, die ersten beiden eigentlich auch noch nicht, aber Nimtz hat mich aus der Höhle gelockt): Überlichtgeschwindigkeiten auf Grund der Nichtlokalität der Quantentheorie dürften es nun auch leichter haben.

 

Zusatzbemerkung zur Teilchenphysik: Im Mikrokosmos kann man sich scheinbar endliche Teilchenradien in Analogie zum Radius des Alls denken, die einem Nullradius in der Seinwelt entsprechen (Schwarzschildradiusanalogien) und die das Problem der Divergenzen in der Teilchenphysik sauber lösen könnten, die damit vielleicht sogar Basis einer Fundamentaltheorie der Teilchen werden könnten.

 

 

Itaslen, 16. März 2001 (Version vom 23. März 2001)